Bereifte Panzerfahrzeuge stellten eine Alternative zu Kampffahrzeugen mit Ketten dar. Jedoch war ihr Weg aufs Schlachtfeld steinig und schwer. Diese Fahrzeuge mussten sich durch Matsch, zahllose Granatenlöcher und viele andere Hindernisse kämpfen, die für Grabenkämpfe typisch waren.
Ab Februar 1915 suchten die Ingenieure des Landship Committee nach einer „Wunderwaffe“ für die britische Armee – ein selbstfahrendes Panzerfahrzeug. So schien es, als hätte die britische Admiralität das vielversprechende Konzept aufgegeben, da niemand ein umsetzungswürdiges Projekt entwerfen konnte.
Es gab jedoch ein weiteres Produkt aus der technischen Entwicklung, das bereits mehrere Jahre zuvor umgesetzt worden war und 1915 seine Feuertaufe erlebt hatte: Bereifte Panzerfahrzeuge, nahe Verwandte des Panzers, der bald entwickelt werden sollte. Diese Fahrzeuge wurden zuerst zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Krieg eingesetzt. Wie es bei militärischen Entwicklungen oft der Fall ist, hielten viele Offiziere die Maschinen für nichts weiter als Spielzeug. Darum musste erst ein längerer Zeitraum verstreichen, bevor die ersten Panzerfahrzeuge vom Militär europäischer Länder eingesetzt wurden. Die ersten Panzerfahrzeuge nahmen allgemein jedoch an der West- wie Ostfront des Ersten Weltkriegs teil.
Während der deutschen Invasion Belgiens nutzte Leutnant Charles Henkart, Offizier des Generalstabs, sein Minerva-Zivilfahrzeug, um zur Front zu gelangen. Um sicher und unbeschadet am Schlachtfeld anzukommen, ließ der kluge Belgier sein Auto mit Panzerplatten und einem 8-mm-Hotchkiss-Maschinengewehr ausstatten. Somit war die antike Göttin der Weisheit vollständig für den Kampf gerüstet. Das Fahrzeug erwies sich als äußerst effektiv: seine hohe Geschwindigkeit von bis zu 90 km/h (auf Asphaltstraßen) ermöglichte schnelle und erfolgreiche Angriffe auf deutsche Positionen. Leider wurde das Panzerfahrzeug später in einem deutschen Hinterhalt überrascht und zerstört.
Henkarts Innovation wusste das Militär nicht wirklich zu schätzen. Der belgische Militärattaché in Paris, Major Auguste Colonne, hatte mehr Erfolg:Im späten Herbst 1914 hatte er eine voll ausgerüstete Division von Panzerfahrzeugen aufstellen können. Zu ihr zählten Minerva- und Peugeot-Panzerfahrzeuge, die mit 37-mm-Geschützen und Maschinengewehren ausgestattet waren. Das Kampfgewicht einiger dieser Fahrzeuge betrug bis zu 4 Tonnen. Zur Besatzung zählten ein Kommandant, ein Schütze, ein Fahrer und ein Fahrassistent. |
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Diese belgische Panzerbrigade konnte auch auf einen unabhängigen Reparaturdienst und auf Fahrradeinheiten zurückgreifen. Major Colonne betrachtete sein Projekt als Eliteeinheit. Er bestellte sogar eine separate Uniform von einem Pariser Modeschöpfer und bevorzugte Soldaten aus Aristokratenkreisen. Es gab jedoch Ausnahmen, wie etwa den charismatischen Soldaten Constant le Marin, angeblicher Schöpfer des Schlachtrufs „Wir werden ihnen die Köpfe abschneiden“, der später selbst an der russischen Front zu hören war. Ein weiteres bemerkenswertes Divisionsmitglied war der 18-jährige Dichter Marcel Thiry, der der Einheit beigetreten war, um „etwas Spaß zu haben und zu einer historischen Schlacht beizutragen“.
Die Einheit wurde bis Frühling 1915 in Boulogne ausgebildet und später in Flandern eingesetzt. Doch zahllose Felder, die mit Granatenlöchern und Senfgas versetzt waren, machten es für die belgische Einheit von Panzerfahrzeugen schwer, zum Gefecht beizutragen. Die Realität des Grabenkampfs hatte die Minerva-Panzerfahrzeuge nutzlos gemacht.
Die Geschichte der Royal Naval Armoured Car Division sah ähnlich aus. Zu Beginn hatte Großbritannien seinen eigenen Royal Navy Air Service ins Leben gerufen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs begannen die britischen Streitkräfte damit, Flugzeuge zur Aufklärung zu nutzen. Viele davon kehrten jedoch nie zurück, wodurch sich das Retten der Piloten zum Primärziel entwickelte. Diese Aufträge wurde den Besatzungen der Lanchester-Panzerfahrzeuge anvertraut, die auf Wunsch des RNAS entwickelt worden waren. Diese Fahrzeuge wurden von 8 mm dicken Panzerplatten geschützt und waren mit einem Maschinengewehr vom Typ 7,62 mm Maxim oder 7,7 mm Lewis ausgestattet.
Oliver Locker-Lampson, Abgeordneter der Konservativen im britischen House of Commons. Wie sein belgisches Pendant verwandelte auch er seinen Rolls-Royce in ein Panzerfahrzeug. Das Gehalt der Fahrer dieser Fahrzeuge war ein Problem, das beinahe einen Streit zwischen dem Staatssekretär im Kriegsministerium Horatio Kitchener und dem Ersten Lord der Admiralität Winston Churchill verursacht hätte. Ein normaler Armeefahrer erhielt einen Sold von 6 Schillingen pro Tag, während Locker-Lampson seinen Fahrern 10 Schillinge bot.
Die Division der britischen Panzerfahrzeuge wurde an die Front in Flandern geschickt und konnte (genau wie ihre belgischen Kollegen) ihren Wert nicht beweisen. So erläutert Historiker Jaroslav Galubinov: „Trotz der schweren Kämpfe gegen die deutschen Truppen in Flandern konnte sich die Division nicht bewähren. Diese manövrierbaren Panzerfahrzeuge waren beim Stellungskrieg nutzlos, da das Schlachtfeld von zahllosen Gräben übersät war.“
Die Alliierten konnten sich zwei einsatzfähige Division ohne Nutzen an der Front nicht leisten. Kurz danach wurde die Entscheidung getroffen, die Divisionen der Panzerfahrzeuge ins Russische Reich zu schicken, wo der 1. Automobil-Maschinengewehrzug ins Leben gerufen wurde.
Das Russische Reich erwies sich als äußerst innovationsfreudig, was die Aufstellung der ersten Automobil-Maschinengewehreinheiten betraf. Im Jahre 1906 hatte M. A. Nakashidze die Idee für eine solche Einheit. Leider wurde er bei einer Bombenexplosion getötet und konnte seine Pläne nie in die Tat umsetzen.
Im August 1914 genehmigte der Kriegssekretär V. A. Suchomlinov die Bildung eines „Zugs aus Maschinengewehr-Panzerfahrzeugen". Im gleichen Jahr, im Oktober, wurde dieser Zug unter dem Befehl von Oberst A. N. Debrzhansky an die Nordwestfront gesandt. Zu jener Zeit wies der Zug Panzerfahrzeuge auf, die auf dem Chassis der Russo-Balt-Leichtwagen basierten. Die Fahrzeuge besaßen 5 Besatzungsmitglieder und waren jeweils mit 3 Maxim-Maschinengewehren ausgestattet. Automobil-Maschinengewehrzug wurde um mehrere britische Panzerwagen vom Typ Austin 1.
Der Kriegsverlauf von 1914 hatte ergeben, dass sich Panzerfahrzeuge nicht allein auf die Feuerkraft von Maschinengewehren verlassen konnten.Waffen größeren Kalibers waren nötig. Kurz darauf begann die Entwicklung des ersten Panzerfahrzeugs, das sowohl mit einem Maschinengewehr als auch mit einer größeren Waffe ausgestattet war und auf dem Chassis des amerikanischen 5-Tonners vom Typ Garford basierte.
Panzerfahrzeuge an der russischen Front waren im Vergleich zu ihren Gegenstücken an der Westfront effektiver und weiter verbreitet. Zeugen von damals berichteten: „Wir bemerkten schaurige Silhouetten, denen der Kugelhagel nichts auszumachen schien. Das grausige Quietschgeräusch, während sich die erste Helmreihe nach vorne bewegte, und dann eine weitere, und noch eine ... die schaurigen grauen Silhouetten kamen immer näher, während das kalte Blei durch die Reihen der deutschen Soldaten fegte. Schon bald schallte der „Hurra“-Ruf der russischen Soldaten durch das Stadtzentrum“. So beschrieben Zeugen die Offensive der „Russo-Balt“-Panzerfahrzeuge am 10. November in der Stadt Stryków. Zwei Jahre später sollte die Feuertaufe der ersten Panzer die gleichen Emotionen hervorrufen. Als Regel erhielt jedes Panzerfahrzeug der russischen Armee seinen eigenen Namen.
Zum Beispiel berichteten Zeugen im späten Herbst 1915, dass das Panzerfahrzeug vom Typ Austin 1. Serie mit dem Namen „Adsky“ und das Panzerfahrzeug vom Typ Garford, das den Namen „Grozny“ trug, einen Infanterieübergangspunkt eroberten. Zur damaligen Zeit hatten die deutschen Streitkräfte diesen Fahrzeugen nur wenig entgegenzusetzen.
Insgesamt 120 Panzerfahrzuge waren erfolgreich an der russischen Front eingesetzt worden, wo es mehr Gelegenheiten zur mobilen Kriegsführung gab. Diese Panzerfahrzeuge benötigten jedoch weiterhin Straßen, die sich für Kraftfahrzeuge eigneten. Schnee und Frühling führten oft zu schlechten Straßenbedingungen, die nur mit Ketten auf den Rädern bezwungen werden konnten.
Aber dies waren nicht die einzigen Probleme der Panzerfahrzeuge: Sie waren laut (die nahenden Fahrzeuge konnten leicht an den Motoren erkannt werden) und oft zu schwer, um weniger robuste Brücken und provisorische Übergänge zu überqueren. Aus diesem Grunde weigerten sich einige Kommandanten, sie im Kampf einzusetzen.
Die Locker-Lampson-Panzerfahrzeuge kämpften an der Kaukasus- und rumänischen Front und nahmen auch an der letzten Offensive der imperialen russischen Armee im Juni 1917 in Griechenland teil. Diese endete in einer Katastrophe. Ein Divisionsoffizier erinnert sich: „Auf den Angriff folgte der Gegenangriff mit Gas, Flammenwerfern und anderen schmutzigen Tricks der Vandalen. Unsere Kameraden hielten ihre Positionen, konnten aber nicht vorrücken“. Bis 1918 hatten die Einheiten ihre Stahlrösser auf den Feldern von Kursk und Vladivosok zurückgelassen und waren nach Hause zurückgekehrt.
Der Erste Weltkrieg entwickelte sich zur Herausforderung für Panzerfahrzeuge an allen Fronten. Er begann mit einer Periode der mobilen Kriegsführung, bei der Panzereinheiten eine Führungsrolle übernehmen konnten. Im Sommer 1915 entwickelte sich der Krieg jedoch zum Stellungskampf, wodurch der entscheidende Vorteil verloren ging: die Manövrierbarkeit. In diesem entscheidenden Moment schrieb der britische Kriegskorrespondent Cornell Ernest Dunlop Swinton einen Brief an den Kommandanten der britischen Streitkräfte in Frankreich, Feldmarschall John French. Darin heißt es, es sei „notwendig, neue Kampffahrzeuge auf der Basis von benzinbetriebenen Zugmaschinen mit Ketten“ zu entwickeln.
Niemand hätte erwarten können, dass dieser scheinbar unbedeutende Brief den Lauf der Geschichte für immer verändern sollte.
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